13 Apr
1. Frauen Handballmannschaft
,,Wie eine Deutsche Meisterschaft"
Die Trainer „Shorty“ und Peer Linde ziehen eine erste Bilanz der erfolgreichen Zweitliga-Saison der Handball-Frauen des TSV Nord
Ulrich Schröder HARRISLEE „Ist schon merkwürdig, wenn man in Berlin im Dönerladen angesprochen wird. Oder wenn man DHB-Vizepräsident Bob Hanning in Magdeburg trifft und mit ihm redet", sagt Peer Linde und schüttelt den Kopf. Merkwürdig, aber erklärbar: Peer Linde gehört mit Vater und Chefcoach „Shorty" zum Trainerteam des TSV Nord Harrislee in der 2. Bundesliga der Frauen. Der Aufsteiger, als krasser Außenseiter und erster Absteiger eingeschätzt, hat fünf Spieltage vor Schluss den Klassenerhalt sicher – und mischt mit seinen Auftritten die Handball-Szene auf.Dass der TSV Nord weiter in der 2. Liga spielt, begeistert das Trainer-Duo – und in die Freude mischt sich fast ungläubiges Staunen. „Das ist mehr als grandios und für mich so viel wert wie eine Deutsche Meisterschaft", sagt „Shorty" Linde. Und Sohn Peer bestätigt stolz: „Wir haben uns nie beirren lassen, sind immer den nächsten Schritt gegangen. Man muss ja gucken, wo wir herkommen. Wir sind jeden Tag dankbar, dass wir das erleben dürfen."„Mit den Mädels würde ich zum Mond fliegen", versichert Linde senior, der davon schwärmt, was seine Spielerinnen alles auf sich nehmen. „Einige haben ihre Arbeitszeit reduziert, um dabei sein zu können, und verzichten auf Geld. Mir blutet das Herz, wenn ich weiß, dass einige zusetzen müssen", so „Shorty" Linde ernst.Reichtümer gibt es beim nördlichsten Zweitligisten nicht zu verdienen. Der Etat für die laufende Saison beträgt knapp 200 000 Euro. „250 000 wären optimal", sind sich Vater und Sohn einig. Die etwa 540 Kilometer lange Reise nach Kamp-Lintfort – wo die Nord-Frauen am vergangenen Sonnabend 35:26 gewannen – war eine Tagestour. Da der Klassenerhalt schon so gut wie sicher war, wurde auf eine Übernachtung verzichtet.In der Holmberghalle herrscht prima Stimmung, die Zuschauerzahlen steigen. Und auch bei Auswärtsspielen hinterlassen die Nord-Frauen Eindruck. „In Kamp-Lintfort haben die Schiedsrichter zu mir gesagt: Was habt Ihr nur für eine coole Truppe?", erinnert sich „Shorty" Linde. Und in Mainz feierten die FSV-Fans die Gäste. „Schon komisch, wenn man mit sieben Toren verloren hat", wundert sich Linde senior und grinst.Sympathisches Auftreten auf und neben der Platte ist das eine – wenn dann auch noch die Ergebnisse stimmen, rücken die Harrisleerinnen in den Fokus. Seit einigen Monaten läuft die Planung für die Saison 2019/20, bis auf Nane Sibbersen und Franziska Peters bleibt das Team zusammen. Gespräche mit Neuzugängen laufen. „Das Gesicht der Mannschaft wird sich verändern", weiß Peer Linde.Bei ihm klingelt in letzter Zeit häufiger das Telefon. „Spielerinnen rufen selbst an – aber auch Agenten, die Spielerinnen, meist aus Osteuropa anbieten", berichtet er. Die Gespräche sind schnell beendet. „Das ist utopisch für uns", sagt Peer Linde und meint die Forderungen, die da lauten: „Mindestens 1500 Euro im Monat, Auto, Wohnung und eine Arbeitsstelle." Dann wird kurz gelacht – und aufgelegt.Als „vom anderen Stern" bezeichnet Linde senior die Möglichkeiten, die andere Zweitligisten haben. Doch auf Einkaufstour gehen, das ist auch nicht der Ansatz in Harrislee. „Einige unserer Spielerinnen haben vor ein paar Jahren noch in der SH-Liga oder darunter gespielt", verdeutlicht „Shorty" Linde. Talente entdecken, ausbilden und besser machen – das ist das Ziel.Fast alle Sponsoren setzen ihr Engagement fort. „Einige wollen auch mehr geben", sagt der Cheftrainer anerkennend. „Freude am Tun" – so lautet das Motto auch in der neuen Saison. „Wir werden keinen Druck auf die Spielerinnen ausüben", versichern die Trainer.
Flensburger Tageblatt, 13.04.19