21 Feb
1. Frauen Handballmannschaft
Grenzwertige Zweitliga-Bedingungen für die Nordfrauen
Bei einer Infoveranstaltung vom TSV Nord Harrislee am Mittwoch gaben Teammanager Rainer Feddersen und Trainer “Shorty” Linde ...
einen Einblick in den Trainingsalltag der Nordfrauen, gingen ausführlich auf die grenzwertige finanzielle Situation der Mannschaft ein und wagten einen Blick auf die kommende Saison. Ob diese mit Linde und in der zweiten Liga stattfinden wird, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen.
Von einem noch nie so dagewesenen Zuspruch, sprach Claus Bargiel,
Vorsitzender des TSV Nord Harrislee, bei einer öffentlichen
Trainingseinheit der "Nordfrauen”, die sich in dieser Saison zusammen
mit ihrem Trainerteam Herluf "Shorty” Linde und Peer Linde in das
"Abenteuer 2. Liga” stürzten. Nach dem Lob an die Mannschaft, reichte er
das Wort an Teammanager und Torwarttrainer Rainer Feddersen, der auf
die aktuelle Situation der Nordfrauen zu sprechen kam. Feddersen sprach
von einer sensationellen Saison mit vielen Überraschungen, gingen sie
doch zuvor als klarer Abstiegskandidat in die Saison. Sportlich fehlen
noch geschätzte acht Punkte für den Klassenerhalt, der noch längst nicht
gesichert ist. "Unser Ziel ist es auch in der nächsten Saison in der
zweiten Liga zu spielen. Wir hoffen auf die Zustimmung des Vereins und
die weitere finanzielle Unterstützung der Sponsoren, denen wir es
überhaupt zu verdanken haben jetzt in dieser Liga spielen zu können.”Fehlende Unterstützung
Viele der stolzen insgesamt 54 Sponsoren, wovon überraschend mehr aus
dem Hamburger Raum stammen als aus Harrislee, haben auch schon bereits
ihre weitere Unterstützung für die Nordfrauen zugesagt, trotzdem
herrschen insbesondere im finanziellen Bereich grenzwertige Bedingungen
für eine Mannschaft, die in der zweiten Bundesliga aktiv ist. Der
Mannschaft steht insgesamt ein Budget von rund 200.000 Euro zur
Verfügung, dafür wird ein Großteil des Geldes für die Auswärtsfahrten
und Aufwandsentschädigungen der Spielerinnen benötigt. "Wir übernachten
in keinen Luxushotels”, sagt Feddersen, dennoch fallen für die Fahrten
in dieser Saison rund 8.000 Euro an. "Hier möchte ich mich ganz herzlich
bei der Gemeinde Harrislee bedanken, die gesagt hat, wir helfen mit
einem Sonderzuschuss.” Es sei ein tolles Gefühl, dass die Gemeinde
hinter ihnen stehe, fuhr Feddersen seine Ausführungen fort. "Trotzdem
schaffen wir es nicht die Kosten zu decken.” Der Verein ist verpflichtet
den Spielerinnen einen Mindestlohn zu zahlen, der sich auf 280 Euro pro
Monat beläuft, rund 96.000 Euro pro Saison für 16 Spielerinnen und
liegt damit "gerade so im rechtlichen Rahmen”. Auch die angekündigte
Unterstützung vom Handballverband Schleswig-Holstein e.V. (HVSH) blieb
bisher aus. "Es war noch nie jemand von ihnen in der Halle, es hat sich
keiner gemeldet, das ist sehr enttäuschend”, so Feddersen kritisch,
"immerhin geht es bei den Männern auch.” Trainer "Shorty” Linde
bemängelte hinzu, dass auch von den Einnahmen des DHB kein Geld bei der
Basis ankomme. "Ein Etat von 300.000 bis 350.000 Euro wäre
wünschenswert”, sagt Linde, "dann wäre es möglich eine zweite Liga in
Harrislee fest zu installieren.”
Mit viel Herz und Leidenschaft für den Verein
Rainer Feddersen stellt zugleich fest, dass beim TSV Nord Harrislee
noch mit Herz gespielt wird und nicht des Geldes wegen. Das stellen auch
viele der Spielerinnen eindrucksvoll unter Beweis, die teilweise
reduzierte Arbeitszeiten haben und für den Sport auf Lohn verzichten.
"Bei vielen reicht das vom Verein erstatte Fahrtgeld noch nicht mal aus.
Da blutet mir mein Herz”, sagt "Shorty” Linde, der erklärt, dass viele
seiner Spielerinnen aus Kiel oder Heide kommen. Feddersen ergänzt, dass
das Funktionsteam der Nordfrauen quasi "für lau” arbeitet. Linde macht
an anderen Vereinen in der zweiten Liga deutlich, dass diese
hauptamtliche Trainer haben, die locker auf 5.000 bis 6.000 Euro brutto
kommen. "Andere Vereine holen auch nach Belieben einfach neue
Spielerinnen, da herrschen ganz andere Strukturen.” Dies wäre auf Grund
der prekären finanziellen Situation bei den Nordfrauen undenkbar.Zeitlich hoher Aufwand für Spielerinnen und Trainer
Auf gut 40 Stunden die Woche kommt "Shorty” Linde mit seiner Arbeit
für die Nordfrauen, "und ich bin noch voll berufstätig.” Grenzwertig,
findet der Trainer, der oft schlaflose Nächte durchlebt. Vier Mal pro
Woche wird für jeweils zwei Stunden in Harrislee trainiert, dazu kommen
Konditions- und Krafttrainingseinheiten in Eigenverantwortung. Das
Trainerduo legt auch viel Wert auf eine Videoanalyse. Co-Trainer Peer
Linde schneidet die Szenen selbst zusammen, passend für jede Spielerin,
die sich drei Spiele der kommenden Gegner zur Vorbereitung anschauen
müssen. "Das sind weitere drei Stunden zu Hause vor dem PC”, erklärt
Linde. Er selbst verbringt bis zu 12 Stunden mit der intensiven
Videoanalyse. Noch stressiger wird es für alle bei den langen
Auswärtsfahrten. Trotzdem liebt "Shorty” Linde seinen Trainerjob, die
gemeinsame Zeit und das Lachen mit seiner Mannschaft. Allerdings hat
sich der Trainerfuchs, der in seiner langen Trainer-Laufbahn noch nie
abgestiegen ist, noch nicht entschieden, wie es für ihn persönlich in
der nächsten Saison weitergehen wird und ließ seine Zukunft als
Cheftrainer der Nordfrauen offen. "Die Unterstützung für den großen
Aufwand, den wir hier betreiben, muss gewährleistet sein.”
Die Nordfrauen als Sympathieträger
Auch die Gespräche mit den Spielerinnen laufen, "wünschenswert wäre
es, wenn das Team so zusammen bleiben könnte.” Aber auch mit neuen
Spielerinnen werden bereits Gespräche geführt, Neuzugänge für die
kommende Saison können aber noch nicht verkündet werden. "Wichtig ist,
dass sie ins Mannschaftsgefüge passen”, sagt Rainer Feddersen, der
betont wie schwer es sei passende Spielerinnen zu bekommen. Dass es sich
lohnt, für die Nordfrauen aufzulaufen, zeigt die Entwicklung im Umfeld.
"Die Mannschaft hat viele Freunde gewonnen”, meint Linde und Feddersen
sieht sie als "Sympathieträger”. So kamen bei den "Heimspielen” in der
Wikinghalle bis zu 600 Zuschauer. Horst Fleischmann, erster Vorsitzender
des Handewitter Sportverein und Hallensprecher der Nordfrauen, zeigte
sich begeistert und soll schmunzelnd erzählt haben, die Wikinghalle noch
nie so voll gesehen zu haben. Allen Interessierten, die sich noch nie
ein Spiel der Nordfrauen angeschaut haben, rät Rainer Feddersen bei
einem der nächsten Spiele vorbeizuschauen. "Es lohnt sich, so ein Spiel
mal anzuschauen. Jeder der einmal hier war, wollte auch wiederkommen.”
Das wichtigste sei aber”, so der Teammanager, "die Fahrtkosten-Situation
in den Griff zu bekommen. Der TSV Nord Harrislee würde sich über
weitere Sponsoren freuen, gerne auch direkt aus Harrislee.
Foto: Rainer Feddersen und "Shorty" Linde. Archiv-Foto: SPEEDPhotos.de